Dienstag, 5. Dezember 2006

Hypertext: Assoziation und Vernetzung

Ich kenne jemanden, der kennt jemanden, der einen kennt.
Jeder weiß, wie kompliziert, aber auch wie hilfreich solche Netzwerke sein können.
Ganz ähnlich ist das mit den Assoziationen und Vernetzungen von Hypertexten, die auf den ersten Blick wie ein verstricktes Verwandtschaftsgeflecht wirken, mit den unterschiedlichsten Zugänge und Verlinkungen, dem Leser jedoch eine Vielfalt an Informationen näher bringen.
Martin Gasteiner und Jakob Krameritsch schreiben dazu in ihrem Artikel (Schreiben für das WWW: Bloggen und Hypertexten, in Schmale, Wolfgang (Hg.): Schreib-Guide Geschichte, 2. Aufl., Wien (2006), S. 243-271.) von „Multilinearität“.
„Eine Person wählt innerhalb eines konkreten zeitlichen Ablaufs einen Pfad durch das Netz („linear“); sie wählt diesen jedoch unter einer Vielzahl von möglichen Pfaden aus („multi“).“ (Gasteiner/Krameritsch S.246)
Angelika Storrer unterscheidet verschiedene Sequenziertheiten, die eine unterschiedliche Leseart fordern. Demnach macht es keinen Sinn monosequenzierte Texte zu überfliegen. Diese geben einen eindeutigen Leseweg vor und sollten vom Anfang bis zum Schluss gelesen werden. Der chronologische Zusammenhang steht bei diesen Texten im Vordergrund.
Mehrfachsequenzierte Texte beinhalten hingegen mehrere Beiträge, die in beliebiger Reihenfolge gelesen werden können.
Uns interessieren heute aber in erster Linie die unsequenzierten Texte.
Innerhalb solcher wird mittels Verweisen und Verlinkung thematisch Ergänzt und Erweitert. Jeder Bezieher kann sich, nach eigenen Interessen, auf einem individuellen Lesepfad durch den Inhalt bewegen.
Die Möglichkeiten ein Buch als unsequenzierten Text zu gestalten sind beschränkt, der Ansicht, dass der Computer dafür das ideale Medium ist, war Theodor Holm Nelson, der bereits 1965 den Begriff „Hypertext“ einführte. Ein Hypertext ist demnach nichts anders als ein unsequenzierten Text in digitaler Form.
Gasteiner und Krameritsch meinen in ihrem Kapitel 9. Module, Links und Kohärenz: Herausforderungen beim Schreiben von Hypertext,
„Hypertext bedeutet ein Spiel mit Fragmentierung und (Re-) Kontextualisierung. Das heißt nichts anders, als dass ein Thema in viele kleine Module aufgespalten werden muss, die dann wiederum mittels Links mit anderen verknüpft und in Beziehung gebracht werden.“ (Gasteiner/Krameritsch S. 251)
Zerlegen und Zusammensetzen sind dabei zentrale Momente die im Hypertext eine „informelle Einheit“, die in sich verständlich und logisch ist (kohäsiv geschlossen), dabei aber auch viele Anknüpfungspunkte (kontextoffen) bietet, bilden.
Hyperlinks sollen zum Verzetteln und Vertiefen anregen, was eine große Herausforderung darstellt und die Frage aufwirft, wie groß und lang die informationellen Einheiten gestaltet werden sollten, und wie eine attraktive, interessante Vernetzung auszusehen hat.
Die Benützer müssen dabei aufpassen, dass es ihnen nicht wie dem Rotkäppchen ergeht und sie vom rechten Weg, und damit vom Hundertsten ins Tausendste kommen.
Typisierte Links sollen dieses Problem beheben und helfen etwas im Vorfeld über das Zieldokument zu erfahren. Dadurch können bereits Vorentscheidungen getroffen werden.
Forschungsergebnisse haben bewiesen, dass lange Texte nicht mehr am Computer gelesen, sonder ausgedruckt werden und somit die Möglichkeit der Vernetzung verlieren.
Die Autoren geben weitere vier Punkte an, die für das Verfassen eines Hypertextes zu berücksichtigen sind:
1. Hypertexten zwingt dazu, prägnant und ohne Umschweife zu formulieren.
2. Jeder Baustein muss aus sich selbst heraus verständlich sein und Sinn ergebe.
3. Jede Einheit soll dazu verführen, weiter im Text-Netzwerk zu stöbern; daher:
4. sollte es von jeder Einheit Link-Angebote zu weiteren Text-Modulen geben.
(Gasteiner/Krameritsch S. 253)
Die inhaltliche Vernetzung stellt dabei eine zusätzliche Herausforderung dar und soll neue Zugänge eröffnen (je mehr desto besser).
In meinem letzte Woche veröffentlichten Beitrag ging es um Pastperfect, einer geschichtswissenschaftlichen Website, die auf dem Prinzip des Hypertexts aufbaut.
Gasteiner und Krameritsch berichten aus der Hypertext-Schreibwerkstatt: Pastperfect.at und meinen, dass neben der Auswahl einiger Themen, die zeitlich und örtlich verknüpfbar sein sollten, das Entwickeln gemeinsame Standards und eines gemeinsamen Stils, sowie eine ständige Reflektieren für das Team unglaublich wichtig sind.
Es bedarf deshalb einer guten Absprache und Zusammenarbeit für das gemeinsame Projekt. Um das zu erleichtern verwendete die Autorengruppe von Pastperfect ein Content Management System, dass die komplexe Verlinkung, Verwaltung und Vernetzung vereinfacht. Das Produkt hat den Vorteil einen Bezug zu ähnlichen bzw. nahe liegenden Themen herzustellen. Die Autoren mussten sich daher im Vorhinein auf einige Attribute und Instanzen der Verknüpfung einigen.
Das Schreiben und Veröffentlichen von Texten in Fachportalen gewinnt für die moderne Gesellschaft, in der vor allem der Informationsaustausch immer schneller gehen muss, an Bedeutung. Das berühmteste Beispiel dafür ist wahrscheinlich Wikipedia (wie aus dem Text entnommen heißt Wiki auf Hawaiianisch schnell).
Wikipedia ist eine Enzyklopädie, die eine umfassende Sammlung von Artikel und eine ständige Aktualisierung und Verbesserung bietet.
Das kollektive Schreiben an Texten findet auch im Bildungsbereich, da es wissenschaftliche und soziale Komponenten vereinen soll, immer mehr Zuspruch. Es geht dabei nicht um das Wiedergeben von Inhalten, sondern viel mehr um konstruktive Mitarbeit. Hypertextcreator, wie sie in Anlehnung an das Pastperfect-Projekt entwickelt wurden, sollen das gemeinsame Arbeiten vereinfachen und einer breiten Bevölkerungsschicht zugänglich machen.
Romberg - 7. Dez, 07:35

Kompetent zusammengefasst. Beispiele für bereits an der Uni Wien realisierte Projekte finden Sie auf der E-Learning Seite E-Learning Seite "Hist-e-Kult".

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